Wie das kleine Riesenmädchen Dorothea dem Siebenschläfer einen Zahn zog
Mit schnellen Schritten neigte sich der Herbst seinem Ende zu und jeden Tag wurde es kälter und nebliger im Wald. Nur vereinzelt hingen noch trockene Blätter, die längst ihre schillernd bunte Pracht verloren hatten, an den Zweigen und die Windgeister, die jetzt jeden Tag voller Wildheit ungehemmt zwischen den Bäumen hindurchstürmten, machten sich einen Spaß daraus, jedes Blatt einzeln abzupflücken und über den Waldboden zu treiben, bis es von der Nässe des Nebels zu schwer für sie wurde. Dann ließen sie das feuchte Laub einfach fallen und sausten zum nächsten Baum, der noch nicht völlig kahl war. Auch die stolzen Hirsche hatten mittlerweile ihre Kämpfe eingestellt, weil es ihnen zu unangenehm wurde, und sie waren jetzt mehr damit beschäftigt, die letzten Gräser von den feuchtkalten Wiesen zu fressen, bevor der Schnee sie verdecken würde. Selbst den uralten Waldgespenstern kroch die nasse Kälte tief in ihre klapprigen Knochen und sie wagten sich kaum noch aus ihren Erdlöchern oder Baumverstecken, um dem ungemütlichen Wetter zu entgehen. Lediglich die Wildschweine genossen es, den feuchten Schlamm am Boden zu durchwühlen, um versteckte Würmer und Käfer zu finden oder die letzten Eicheln aufzustöbern, die jetzt noch nicht verfault waren. Trotzdem ließen sie sich immer nur für kurze Zeit blicken, da es ihnen sogar in ihrem dicken Winterpelz, den sie sich für die kalte Jahreszeit zugelegt hatten, oft zu kalt war, und verkrochen sich die meiste Zeit des Tages in ihren warm und weich ausgepolsterten Schlafplätzen. Dort duckten sie sich tief nach unten, damit die ungestümen Windgeister nicht in ihr warmes Fell eindringen konnten.
Dies war nun auch die Zeit, in der Dorotheas Tiger immer häufiger anfing, über das kalte und nasse Wetter zu mautzen und zu klagen. Jeden Morgen hoffte er, dass die Windgeister den Nebel aus dem Wald und von den Lichtungen vertreiben würden, aber Sausewind, der für seinen kälteempfindlichen Freund stets sein Bestes gab, hatte ihm erklärt, dass er sich in diesen Tagen vergeblich abplagte. Immer, wenn er einen dicken Nebelfetzen zwischen den Bäumen hinfortgeblasen oder wenn er mühsam eine Lichtung von ihrem grauen Schleier befreit hatte, zog sofort wieder feuchter Nebel vom Bach oder dem Teich der Waldgespenster heran und wenig später sah es erneut so aus, als ob nie ein Windgeist dort entlanggestürmt wäre. Also musste sich der Tiger wohl oder übel mit dem Wetter abfinden und auch wenn er sich nur ungern vom wärmenden Prasseln des Feuers entfernte, so wollte er doch nicht alleine in der Höhle zurückbleiben und ging lieber mit dem kleinen Riesenmädchen im Wald spazieren oder spielte mit ihr und dem Windgeist auf einer Lichtung.
An einem dieser grautrüben Morgen wartete Sausewind schon vor der Höhle, als Dorothea mit dem murrenden Tiger im Gefolge ihre Wohnung verließ, denn sie wollten ein letztes Mal in diesem Jahr die Fledermäuse besuchen und sehen, ob sie auch ein gutes Winterquartier gefunden hatten.
„Da seid ihr ja endlich“, begrüßte er fröhlich seine Freunde, als sie aus dem Eingang traten. „Jetzt lasst uns aber schnell zu den Fledermäusen gehen. Es ist schließlich schon heller Tag. Und wenn wir Pech haben, dann schlafen sie jetzt bereits in ihrer Höhle und kommen erst im Frühling wieder raus, wenn es wärmer wird.“
„Da hast du wahrscheinlich Recht“, antwortete das kleine Riesenmädchen und winkte Sausewind und dem Tiger, ihr zu folgen, als sie sich auf den Weg zur Fledermaushöhle machte. Zum Glück war der Unterschlupf der kleinen pelzigen Flieger nicht weit entfernt, denn als sie dort ankamen, war es fast schon zu spät. Viele Fledermäuse hatten sich bereits zum Schlafen zurückgezogen und nur ein paar schwarze Schatten flatterten noch zwischen den Bäumen umher, um die letzten Insekten zu erhaschen. Obwohl die emsigen Flieger bereits ein wenig müde waren, kamen sie trotzdem kurz zu Dorothea und ihren Freunden, weil sie das kleine Riesenmädchen schon lange nicht mehr gesehen hatten, um ihr noch stolz den neuen Unterschlupf für den Winter zu zeigen, bevor sie sich endgültig zum Schlafen zurückzogen.
Natürlich mussten das kleine Riesenmädchen, der Windgeist und der Tiger sehr leise sein, damit sie die Fledermäuse, die schon schliefen, nicht störten. Aber als Dorothea und der Tiger ihre Köpfe vorsichtig in den Eingang der geräumigen Höhle steckten, konnten sie einen bequemen Unterschlupf sehen, in der eine große Schar der schwarzen Flugkünstler gemütlich von der Decke baumelte und sich schlafend in die Flügel eingehüllt hatte.
„Da habt ihr aber einen guten Platz gefunden“, lobte das kleine Riesenmädchen die noch wachen Fledermäuse. „Der wird euch bestimmt den ganzen Winter über warm halten und auch unter der größten Schneelast nicht zusammenbrechen.“
Die pelzigen Flieger freuten sich über das Lob und erzählten den drei Freunden kurz einige aufregende Geschichten, die sie in der letzten Zeit erlebt hatten. Anschließend zeigten sie Dorothea und ihren beiden Freunden ein paar neue Kunststücke, die sie im Sommer geübt hatten, und zogen sich dann bis zum nächsten Frühling in die Höhle zurück.
„Schlaft schön bis wir uns im neuen Jahr wiedersehen“, miaute der Tiger leise zum Abschied, bevor er sich mit dem Riesenmädchen und dem Windgeist auf den Weg machte, um zur Höhle zurückzukehren und sich am Feuer wieder aufzuwärmen.
Doch kaum, dass die drei Freunde die Fledermaushöhle hinter sich gelassen hatten, klang im Grau des Nebels ein herzerweichendes Jammern und Klagen aus dem Boden hervor, das Dorothea aufhorchen ließ. Sogar der Tiger vergaß für einen kurzen Augenblick die Kälte und den Nebel, denn das Wimmern war so laut, dass er fast ein wenig Angst bekam. „Was mag da nur los sein?“, fragte er seine Freundin, aber das kleine Riesenmädchen zuckte nur mit den Schultern und antwortete: „Das weiß ich auch nicht. Am besten, wir suchen nach dem armen Wesen, das so laut klagt, und fragen es.“ Dann legte Dorothea ihr Ohr an den Boden, weil sie so besser hören konnte, woher das Geräusch kam, und auch der Tiger kroch suchend zwischen den Bäumen und Büschen hindurch, um der Quelle des Jammerns auf die Spur zu kommen.
Sausewind wirbelte schnell alle Blätter und Nadeln in die Luft, da er hoffte, darunter das leidende Wesen zu entdecken, aber auch wenn er sich sehr bemühte, so konnte er doch nichts finden. „Weit kann das kleine Ding aber nicht sein, sonst wäre das Weinen nicht so laut“, raunte er seinen Freunden zu und suchte weiter.
Schließlich entdeckte der Tiger eine winzige Erdhöhle und nachdem er sein Ohr lauschend an den Eingang legte, war er sich ganz sicher, dass das Klagen aus dem kleinen Loch kam. Als er aber versuchte, hineinzuspähen, konnte er nichts sehen, weil es dort viel zu dunkel war, und um seinen Kopf in die Höhle zu stecken, war sie einfach zu klein. Schnell rief er seine Freunde zu sich und zeigte ihnen, was er gefunden hatte.
Auch Dorothea versuchte vergeblich, jemanden in dem Erdloch zu erblicken, aber als Riesenmädchen war sie natürlich zu groß, denn wenn so ein winziges Loch für einen Tiger schon zu klein ist, dann ist es das für ein Riesenmädchen erst recht. Nur Sausewind war als junger Windgeist schmal genug, um in die Höhle zu schlüpfen und nachzuschauen, was im Innern des Baus im Gange war.
Obwohl die Höhle nicht sehr tief sein konnte, dauerte es doch eine ganze Weile, bis Sausewind staubblasend wieder aus dem Loch herausgekrochen war und seinen Freunden erzählen konnte, was er gesehen hatte. „Dort unten liegt ein kleiner Siebenschläfer“, sagte er, „der furchtbare Zahnschmerzen hat und deshalb so laut weint. Ich habe versucht, ihn zu trösten, aber gegen die Zahnschmerzen hilft das natürlich nicht.“
Noch während Sausewind erzählte, kam das kleine Tier zum Eingang seiner Höhle gekrochen, steckte den Kopf ein wenig heraus und blinzelte Dorothea und den Tiger mit seinen großen schwarzen Augen traurig an. Mit einer dicken Backe und von gelegentlichen Aua-Rufen unterbrochen, klagte es dem kleinen Riesenmädchen und dem Tiger sein Leid: „Ich habe so schön geschlafen und ich bin doch auch so müde. Aber seit drei Tagen liege ich wach in meiner Winterhöhle und werde von diesen grässlichen Zahnschmerzen geplagt, so dass ich einfach nicht mehr zur Ruhe komme.“ Dann fügte der Siebenschläfer noch weinend hinzu: „Wisst ihr nicht ein gutes Mittel, damit mir mein Zahn nicht mehr so schrecklich wehtut und ich wieder schlafen kann?“
Doch keiner der Freunde wusste einen Rat. Sausewind hatte als Windgeist gar keine Zähne, so dass ihm dieses Problem völlig fremd war, und auch Dorothea und ihr Tiger waren bisher davon verschont geblieben. Deshalb sagte das kleine Riesenmädchen zu dem leidenden grauen Siebenschläfer: „Wir wissen leider gar nicht, was man gegen Zahnschmerzen machen kann, aber wir bringen dich zu den uralten Waldgespenstern beim Teich. Vielleicht können sie helfen und uns einen guten Rat geben.“
„Aber es ist doch helllichter Tag“, antwortete das winzige Tier verwirrt. „Zu dieser Zeit war ich noch nie draußen.“
Der Tiger lachte ein wenig über die Antwort und sagte: „Wir sind immer am Tag unterwegs und in der Nacht, wenn es dunkel ist, liegen wir im Bett und schlafen.“ Dann fügte Dorothea hinzu: „Wenn es dir jetzt nicht dunkel genug ist, darfst du dich unter meinem Pullover verstecken und die Augen zumachen, damit dich das Licht nicht blendet. Einen kleinen Siebenschläfer zu den Waldgespenstern zu tragen, wird mir bestimmt nicht schwer fallen.“
„Ja, wenn das so ist…“, entgegnete das liebe Tier. „Glaubt ihr denn wirklich, dass mir diese Waldgespenster helfen können?“
„Das wissen wir natürlich nicht“, antwortete das kleine Riesenmädchen, „aber die uralten Waldgespenster sind die klügsten Wesen im ganzen Wald und schlimmer als weinend in der Höhle zu liegen, kann es ja nicht sein.“
„Das ist wohl richtig“, sagte darauf das schmerzgeplagte Wesen und kroch flink unter Dorotheas Pullover, wo es sich gemütlich einkuschelte und weiter vor sich hin wimmerte.
Rasch machten sich das Riesenmädchen, der Windgeist und der Tiger auf den Weg zum Teich. Während sie liefen, streichelte Dorothea immer sanft über die Stelle ihres Pullovers, unter der sich der Siebenschläfer eingenistet hatte, damit es ihm etwas besser ging, und weil sich die drei so beeilten, dauerte es auch gar nicht lange, bis sie bei den Waldgespenstern ankamen. Noch bevor das kleine Riesenmädchen am ersten Baum anklopfen konnte, kamen schon alle Waldgespenster auf ihren alten Knochen angeklappert, da sie das laute Jammern unter Dorotheas Pullover neugierig gemacht hatte und sie wissen wollten, was passiert war.
Der Windgeist und der Tiger erzählten ihnen die Geschichte, wie sie den Siebenschläfer gefunden hatten, und das Riesenmädchen zeigte den Waldgespenstern das arme Tier, damit sie ihm helfen konnten. Als die weisen Wächter des Waldes alles gehört hatten, sagten sie: „Eigentlich gibt es nur ein Mittel, das gegen Zahnschmerzen wirklich hilft. Auch wenn es sehr wehtut, so muss der kaputte Zahn doch gezogen werden. Danach wird es noch eine Weile schmerzen, aber dann hört es langsam auf und das arme Tier kann wieder schlafen. Da Siebenschläfern die Zähne ständig nachwachsen, wird bis zum Frühjahr alles in Ordnung sein und der Kleine hat wieder alle Zähne im Mund.“ Anschließend kroch das älteste Waldgespenst in seine Erdhöhle und kam mit einem Bündel getrockneter Kräuter zurück. „Daraus kocht ihr eurem Patienten einen Tee zum Mundspülen, dann lassen die Schmerzen ein wenig nach und das Zahnziehen tut auch nicht so weh.“ Mehr sagten die uralten Waldgespenster nicht und zogen sich wieder in ihre Baumverstecke zurück.
Dorothea hatte schon verstanden, dass sie dem Siebenschläfer den Zahn ziehen sollte, und sie fürchtete sich ein wenig davor. Schließlich war sie ja noch ein kleines Mädchen, obwohl sie als Kind von Rieseneltern auch schon groß und stark war. Ein kleines Riesenmädchen eben. Aber sie sagte lieber nichts von ihrer Angst, bedankte sich noch bei den letzten Waldgespenstern und ging mit dem Siebenschläfer und ihren Freunden zur Höhle, wo sie aus den Kräutern einen Tee kochten und dem leidenden Tier zu trinken gaben.
„Bist du dir ganz sicher, dass du das kannst?“, fragte der geplagte Siebenschläfer, nachdem er den lindernden Tee getrunken und die Kräuter ihre Wirkung getan hatten.
„Da bin ich mir ganz sicher“, log das verunsicherte Riesenmädchen ein wenig, damit ihr armer Patient sich nicht noch mehr fürchten musste. Danach nahm sie vorsichtig mit der einen Hand den Mund des Siebenschläfers und suchte mit der anderen Hand den Zahn, der dem Ärmsten so große Probleme bereitete. Dann schloss sie fest ihre Augen, versuchte, nicht an die schrecklichen Schmerzen zu denken, und zog mit aller Kraft an dem kaputten Zahn, bis sie ihn plötzlich in der Hand hielt und die ganze Sache überstanden hatte.
Natürlich schrie das kleine Tier laut, während Dorothea an dem kranken Zahn zog, und es jammerte auch noch, als der Zahn schon draußen war, weil es so fürchterlich wehtat. Aber auch der Siebenschläfer hielt durch und ließ das kleine Riesenmädchen gewähren, damit er dann endlich wieder schlafen konnte, ohne von Schmerzen geplagt zu werden.
Der Windgeist und der Tiger standen die ganze Zeit staunend neben ihrer großen kleinen Freundin mit dem winzigen Tier in den Händen und konnten kaum glauben, was sie dort sahen. Nie hätten sie gedacht, dass der Siebenschläfer so tapfer sein würde. Aber als der Zahn gezogen war, gaben sie dem armen Kerl schnell etwas von dem Tee, damit seine Schmerzen nachließen, streichelten ihn sanft, um ihn zu trösten, und lobten ihn, da er so mutig war.
Dem kleinen Riesenmädchen zitterten die Knie und sie musste sich erst einmal hinsetzen und ausruhen, weil ihr ein wenig schwarz vor Augen wurde. Doch davon bemerkten ihre Freunde nichts, weil sie den weinenden Siebenschläfer trösten mussten, und auch der kleine Patient hatte noch so große Schmerzen, dass er sich um nichts anderes kümmern konnte. Dorothea war eigentlich ganz froh, denn sie wollte nicht, dass der Siebenschläfer noch bemerkte, dass sie vorher gelogen hatte, weil er sonst vielleicht doch noch Angst bekommen hätte.
Nachdem sie sich ein wenig erholt hatte, füllte das kleine Riesenmädchen noch etwas von dem Kräutertee der Waldgespenster ab, um ihn dem Siebenschläfer mitzugeben, und dann sagte sie laut zu allen: „Ich glaube, wir bringen dich jetzt am besten wieder in deine Höhle zurück, damit du dich im Dunkeln ein bisschen ausruhen kannst. Wenn du schläfst, dann merkst du bestimmt nichts mehr davon, dass es noch wehtut. Außerdem habe ich hier noch etwas von dem Tee, den du trinken kannst, damit die Schmerzen weggehen.“
„Das wird wohl das Beste sein“, antwortete das kleine Tier und so gingen Dorothea, Sausewind und der Tiger mit dem Siebenschläfer zu seiner Winterhöhle. Auf dem kurzen Weg sagte niemand ein Wort, denn auch dem Tiger und Sausewind war es ganz flau im Magen. Erst als sie beim Erdloch ankamen, konnten sie wieder sprechen. Sie setzten das kleine graue Tier sanft auf den Boden vor seinem Loch, wünschten ihm alles Gute und streichelten ihn zum Schluss nochmal. Der Siebenschläfer bedankte sich zum Abschied und sagte: „Ihr seid doch schon recht merkwürdige Wesen. Den ganzen Tag durch die Gegend laufen und nachts schlafen. Ich wusste gar nicht, dass es so etwas gibt. Aber dass ihr mir so lieb geholfen habt und mich von meinem kaputten Zahn befreit habt, dafür danke ich euch sehr. Trotzdem möchte ich das kein zweites Mal machen müssen.“
„Wir bestimmt auch nicht“, antwortete der Windgeist ein wenig lachend und dann kroch das kleine Tier wieder in seine Winterhöhle, um weiterzuschlafen. Auch Sausewind verabschiedete sich, denn er wollte nach der ganzen Aufregung noch mit den anderen Windgeistern zwischen den Ästen der Bäume entlangstürmen, um sich ein wenig abzulenken, und auch Dorothea und der Tiger mussten nach Hause gehen, weil es schon spät geworden war. Also trennten sich die Freunde von einander und das Riesenmädchen ging mit ihrem Tiger wieder zur Höhle.
Später, als die beiden mit Dorotheas Eltern beim Abendbrot saßen, blieben sie die ganze Zeit stumm und sagten kein Wort, während sie die leckere Kartoffelsuppe aßen. Die Riesenmama und der Riesenpapa wunderten sich ein wenig, aber sie kannten ihre kleine Tochter gut genug, um zu wissen, dass es einen wichtigen Grund dafür gab, und ließen ihr Kind in Ruhe.
Selbst als sie dann im Bett lagen und der Papa die Gute-Nacht-Geschichte erzählte, konnten das Riesenmädchen und ihr Tiger nicht richtig zuhören, weil sie immer noch an den armen Siebenschläfer denken mussten. Erst nachdem der Papa verschwunden war, gestand Dorothea ihrem Freund: „Eigentlich hatte ich furchtbare Angst und wollte das gar nicht machen.“
Überrascht drehte sich der Tiger um und sagte: „Davon hat man aber nichts gemerkt.“ Dann kuschelte er sich an seine Freundin und murmelte mit geschlossenen Augen: „Der arme Siebenschläfer war ganz schön mutig, aber du warst vielleicht noch tapferer als er.“
Da lächelte Dorothea endlich wieder ein wenig, auch wenn es im Dunkeln niemand sehen konnte, schloss die Augen und wurde allmählich ruhig genug, um einzuschlafen. In der Nacht träumte sie davon, wie sie den kranken und verletzten Tieren im Wald half, damit sie keine Schmerzen mehr hatten und wieder gesund wurden. Aber im Traum tat es ihren Patienten auch nicht weh, wenn sie ihnen half.